Wieso sollten Klimaschutz und Sicherheitspolitik gemeinsam gedacht werden?

Shownotes

In dieser Podcast-Folge geht es um die Schnittstellen zwischen Sicherheitspolitik und Klimaschutz –warum beide Bereiche gemeinsam gedacht werden sollten. Podcast-Host Anna Burger spricht mit Kira Vinke über klimabedingte Migration, die Rolle des Klimawandels als Konflikttreiber und darüber, wie hoch der CO₂-Ausstoß des Militärs tatsächlich ist.

Kira Vinke ist Leiterin des Zentrums für Klima und Außenpolitik der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP)

Wer sich noch weiter über das Thema informieren möchte:

• Publikationen der DGAP zum Thema Klima: https://dgap.org/de/forschung/expertise/klima • Buch „Sturmnomaden“ von Kira Vinke: https://www.dtv.de/buch/sturmnomaden-29039 • Buch „Redrawing Humanity’s Map“ von Kira Vinke: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-031-85987-8

Transkript anzeigen

00:00:03: Herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und Hörer.

00:00:17: In diesem Podcast beleuchten wir Klimaschutz von den verschiedensten Seiten.

00:00:21: Und heute möchten wir uns anschauen, inwiefern Klimaschutz und Sicherheitspolitik gemeinsam gedacht werden muss.

00:00:27: Dafür darf ich heute meine Gesprächspartnerin Dr.

00:00:30: Kira Vinke begrüßen.

00:00:31: Ich freue mich sehr, dass Sie sich Zeit nehmen konnten.

00:00:33: Hallo.

00:00:34: Kira Vinke ist Leiterin des Zentrums für Klima- und Außenpolitik der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik.

00:00:41: Zudem ist sie Mitglied des Beirats der Deutschen Bundesregierung für zivile Krisenprävention und Friedensförderung.

00:00:47: Sie ist Autorin unter anderem von ihrem Buch Sturmnomaden und dem diesjährig erschienenen Buch Redrawing Humanities Map, How Climate Change is Shaping Migration.

00:00:58: Frau Vinke, erst mal noch mal herzlich willkommen.

00:01:01: Es ist auf den ersten Blick gar nicht so klar erkennbar, in welchen Teilen Klimaschutz und Sicherheitspolitik gemeinsam mitspielen.

00:01:09: Können Sie uns einen kurzen Überblick geben, wo diese Themen zusammenhängen?

00:01:13: Gerne, das ist recht vielschichtig.

00:01:16: Einerseits geht es um den Umgang mit ganz verschiedenen Extremereignissen.

00:01:20: Wie wirkt es sich aus, wenn eine Dürre Ernährungsunsicherheit hervorruft?

00:01:26: Wenn sie Hunger erzeugt, kann das zu Spannungen zwischen vielleicht bereits polarisierten Gruppen führen, kann es zu Vertreibung führen.

00:01:36: Es geht einerseits um die menschliche Sicherheit.

00:01:38: Um die Frage haben Menschen genügend Versorgung, aber andererseits auch um die Frage nehmen die Spannungen zu zwischen verschiedenen Gruppen und kann es gegebenenfalls sogar zu Konflikten kommen.

00:01:49: Das ist das eine.

00:01:50: Dann gibt es die Dimension der Fragen um Geopolitik und Energieversorgung.

00:01:57: Also wie verändern sich unsere Beziehungen zu verschiedenen Ländern, wenn zum Beispiel fossile Abhängigkeiten abgebaut werden?

00:02:04: Können wir durch mehr heimische erneuerbare Energien bessere Energie-Souveränität erzeugen, schaffen wir diese Transformation ohne dadurch neue Konfliktherde möglicherweise zu erzeugen.

00:02:18: Gerade wenn es um den Ausbau von Erneuerbaren Energien geht, kann ja auch hier Konfliktlinien entstehen.

00:02:24: Und dann das ganze Feld der Veränderung im Sicherheitssektor und die Emissionen, die damit zusammenhängen.

00:02:30: Also wenn ich sehr viel wenn ich sehr viele Militäreinsätze sehe, dann sehe ich auch immer sozusagen diese Emissionen, die damit einhergehen.

00:02:41: Weltweit sind Militäre für fast fünf Prozent der Emissionen wahrscheinlich verantwortlich und die Datenlage ist auch nicht so gut in diesem Bereich.

00:02:50: Und dann als letzten übergeordneten thematischen Fokus würde ich noch das ganze Thema planetare Sicherheit sehen.

00:02:59: Also aus meiner Sicht ist es so, dass die Sicherheitsakteure sich schon ein Grundwissen darüber aneignen müssen, wie es unserem Planeten Erde steht und was für Gefahren möglicherweise auf uns zukommen, wenn wir es eben nicht schaffen, große Klima-Risiken abzuwenden.

00:03:14: Also, das sind so die Themen ganz grob skizziert, die da vielleicht eine Rolle spielen könnten.

00:03:20: Ja, vielen Dank.

00:03:20: Da haben Sie jetzt schon einige Punkte genannt, und ich würde gern einige davon jetzt auch im Detail aufgreifen.

00:03:26: Starten wir mit einem zentralen Punkt, den Sie genannt haben, und zwar inwiefern der Klimawandel möglicherweise zur Bildung von Konflikten weiter beiträgt.

00:03:36: Sie sind da schon genauer drauf eingegangen, können Sie uns da vielleicht auch ein paar Beispiele nennen, wo es möglicherweise tatsächlich mit reingespielt hatte.

00:03:43: Ja, also es gibt da auch in der wissenschaftlichen Literatur verschiedenste Beispiele.

00:03:48: Erst mal muss man verstehen, dass es kein Automatismus ist.

00:03:51: Also Gewalt ist immer eine Entscheidung von Menschen, diese anzuwenden.

00:03:55: Auch in schwersten humanitären Krisen.

00:03:57: entsteht nicht immer unbedingt Gewalt.

00:04:00: Gewalt im Sinne von Auseinandersetzung mit Waffen zwischen Menschen.

00:04:04: Auch wenn großes Leid entsteht, beispielsweise durch eine Hungersnot, muss das nicht unbedingt mit Gewalt einhergehen.

00:04:10: Aber wir sehen eben Beispiele, wo bestimmte Regime sich zur Gewalt entscheiden.

00:04:15: Und das möglicherweise auch begünstigt worden ist durch verschiedenste Klimaveränderungen, Extreme Ereignisse.

00:04:21: Ein viel diskutiertes Beispiel ist der syrische Krieg.

00:04:25: Und hier sehen wir eben auch, dass eben dem eine sehr schwere Dürre vorhergegangen ist.

00:04:30: Und das hat zu Massenvertreibungen geführt.

00:04:33: Es hat dazu geführt, dass fast alle Vieherden verendet sind in Syrien.

00:04:38: Und gleichzeitig hatten wir die Situation, dass noch Flüchtlingsbewegungen aus dem Irak nach Syrien kamen und sich eben so die Lage in vielen syrischen Städten immer weiter zuspitzte.

00:04:50: Und eben ist schon eine sehr große Unmut gegen das Regime, gab gegen das diktatorische Assad-Regime.

00:04:56: Und diese Unmut wurde eben durch diese Situation mit verstärkt noch.

00:05:01: Das heißt, es sind also sehr, sehr unterschiedliche Faktoren, die darauf hineinwirken.

00:05:05: Und als es dann zu Protesten kam, wurden diese wiederum blutig niedergeschlagen, wie wir alle wissen.

00:05:09: Und dann ist der Konflikt eskaliert.

00:05:12: Und diese Entscheidung, Gewalt anzuwenden, ist natürlich immer noch eine Entscheidung des Assadregimes und keine Folge des Klimawandels.

00:05:18: Aber wir sehen eben wie verschiedenste Länder mit unterschiedlichen Regimen, Wirtschaftssystemen, auch verschiedensten Möglichkeiten, quasi ausgestattet sind, um Krisen zu überwinden oder eben auch nicht zu überwinden.

00:05:32: Und wenn dann ein autokratisches Regime keine Antworten findet auf eine schwere Dürre, dann kann das eben auch zu einer Konfliktbeschleunigung tatsächlich kommen.

00:05:43: Das heißt, es ist kein Automatismus, aber man kann schon sagen, dass es in vielen Fällen begünstigend wirken kann, die Auswirkungen des Klimawandels.

00:05:51: Genau, also es kann auf die Konfliktentstehung begünstigend wirken, aber es kann auch bestehende Konflikte, die jetzt nichts mit dem Klimawandel zu tun haben an ihrer Entstehung, diese bestehenden Konflikte kann es auch erschweren, indem es eben Hungersnöte erzeugt oder Menschen vertreibt.

00:06:08: Das sieht man ganz stark in den Vertreibungsdaten, dass beispielsweise in Ländern, wo es Vertreibungen durch Konflikte und Gewalt gibt, auch Vertreibung durch Naturkatastrophen gibt.

00:06:19: Und das ist natürlich auch durch eine gleiche Wirkungsursache mit entstanden, dass es eine ganz schlechte Governanz dann oft gibt.

00:06:26: Also der Staat kann nicht mehr darauf reagieren, beispielsweise im Sudan, wo wir schwerste Überflutung auch haben, neben dem schrecklichen Konflikt.

00:06:34: Und das vergrößert eben das Leid, die humanitären Krisen in solchen Konfliktsituationen.

00:06:39: Jetzt ist schon öfter das Stichwort Vertreibung gefallen, also Migrationsbewegungen, die auch ganz stark durch die Folgen des Klimawandels entstehen können.

00:06:48: Da wäre jetzt meine erste Frage, welche Regionen in dieser Welt sind Sie besonders stark betroffen davon in Zukunft?

00:06:55: In Zukunft ist da vor allem auch Sub-Sahara-Afrika stark betroffen, einerseits weil die Klimafolgen sehr schwerwiegend sind, andererseits weil wir in diesen sehr stark exponierten, also vom Klimawandel betroffenen Gebieten eben wiederum auch eine sehr starke Zunahme der Bevölkerung erwarten.

00:07:12: Und das bedeutet dann eben, dass viele Menschen, die vielleicht wenig Möglichkeiten zur Anpassung haben, immer schweren Klimafolgen ausgesetzt sind, vielleicht auch nicht genügend Unterstützung erhalten, um sich vor Ort anzupassen und dann möglicherweise vertrieben werden durch zunehmende Extreme Ereignisse.

00:07:31: Nun ist Migrations- und natürlich schon ein sehr großes Streitthema auch bei uns in Europa.

00:07:35: Sehen Sie uns genug vorbereitet auf Migrationswellen oder sehen Sie Maßnahmen, die unbedingt noch ergriffen werden sollten?

00:07:43: Also man sieht ja jetzt schon, dass die jetzigen Institutionen, die versuchen, das Leid von Geflüchteten zu mindern oder auch von Binnenvertriebenen, also Menschen, die innerhalb ihrer eigenen Landesgrenzen zur Flucht gezwungen sind, denen Hilfe zu leisten, dass die jetzt schon eigentlich über ihre Kapazitäten hinweg arbeiten.

00:08:05: Und dass es hier jetzt schon sehr, sehr viele und große Lücken gibt, wo es einfach nicht genügend Mittel gibt, um auch vor Ort ein würdiges Leben zu ermöglichen und genau solchen Situationen heraus entstehen.

00:08:18: natürlich auch transnationale Migration.

00:08:20: Weil die meisten Menschen, ich hab auch mit sehr vielen persönlich gesprochen, die aufgrund von Klimafolgen migrieren, möchten zurückkehren.

00:08:27: Weil sie haben die Hoffnung, dass sie wieder dort wohnen können, wo sie vorher gewohnt haben.

00:08:31: Sie sind verbunden zu ihrem Land.

00:08:32: Sie haben dort ihr soziales Netzwerk und so weiter.

00:08:35: Und das heißt also, vor Ort diese Anpassung zu ermöglichen, das muss Ziel sein.

00:08:41: Und dafür bräuchte es eine Stärkung auch von Organisationen wie von UNHCR oder IOM.

00:08:47: aber eine Schwächung, gerade auch durch die Streichung der Mittel der Amerikaner.

00:08:52: Das ist eine große Lücke, die jetzt da klafft und die möglicherweise weitere Krisen begünstigen wird, die auch dann sich vielleicht nicht nur regional begrenzen lassen.

00:09:03: Wie Sie jetzt schon erwähnt hatten, es gibt Migration aus dem Land hinaus, es gibt Migration innerhalb eines Landes.

00:09:09: Ist es denn aus Ihrer Sicht möglich, dass in Zukunft auch es zu Migration innerhalb von Europa oder vielleicht sogar innerhalb von Österreich kommen könnte, also dass Menschen auch innerhalb von Österreich ihren Heimatort verlassen müssen?

00:09:22: Klar, also das kann auf jeden Fall passieren.

00:09:25: In Teilen sieht man das ja auch schon, wenn ich jetzt mal ein Beispiel aus Deutschland nehme, schwerste Überflutung im Ahrtal.

00:09:32: Da haben Menschen ihr Zuhause verlassen aufgrund von einem Extremereignis, das im Zusammenhang stand mit dem Klimawandel.

00:09:39: Ebenso bei den Überflutungen hier in Österreich.

00:09:42: Vergangenes Jahr mussten auch Menschen ihr Zuhause verlassen.

00:09:45: Und das ist natürlich eine temporäre Migration.

00:09:48: Auch hier, die Leute wollen natürlich erst mal dahin zurück, wo sie vorher gewohnt haben.

00:09:51: Das ist eine Migration erstmal und die häufiger solche Extreme-Ereignisse werden, desto schwieriger wird es auch immer wieder an betroffenen Orten aufzubauen und das zu schützen entsprechend.

00:10:01: Das heißt, man muss sowohl bei der Emissionsminderung, also den Klimawandel zu begrenzen ansetzen, als auch... bei der Anpassung.

00:10:10: Und wenn wir das jetzt nochmal auf Europa schauen, natürlich ist es so, dass beispielsweise im mediterranen Raum die Entwicklungen vielleicht auch schwerwiegender sind als in anderen Teilen Europas, durch die, wie man jetzt schon sieht, diese Waldbrände, da sind ja auch massenhaft Menschen erst mal vertrieben worden, Touristen wie Einheimische.

00:10:28: Wir mussten schnell bestimmte Örtlichkeiten verlassen.

00:10:31: Wir haben schwerste Überflutungen auch gesehen in Spanien.

00:10:34: Da stellen sich eben diese Fragen.

00:10:36: Wo baue ich wieder auf?

00:10:38: Können wir diese Gebiete durch hohe Investitionen bewohnbar halten?

00:10:42: Wer finanziert das Ganze, wird dieses Risiko auf die Gesamtgesellschaft übergelegt sozusagen?

00:10:47: Oder versucht man diejenigen, die dort wohnen, vor allem verantwortlich zu halten, dafür, was für extremer Weignisse sie betreffen?

00:10:55: Das sind ganz schwierige Fragen, die es gilt

00:10:57: gesellschaftlich zu diskutieren und auch unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten.

00:11:02: Da gibt es auf verschiedene Ansätze von Gerechtigkeitsfragen, die es zu beantworten gilt.

00:11:07: Ja, Sie hatten das jetzt schon angeschnitten.

00:11:09: Ich würde da ein bisschen gerne noch mal darauf eingehen, was denn für Maßnahmen wir setzen sollten.

00:11:13: Also wir müssen damit rechnen, es wird zu mehr Umweltkatastrophen kommen auf der ganzen Welt, aber eben auch in Europa.

00:11:19: Es wird zur steigenden Hitze kommen.

00:11:22: Sehen Sie vielleicht systemische Maßnahmen oder Maßnahmen auf der nationalen die gesetzt werden müssen.

00:11:29: Sie können aber natürlich auch gern Mainz-Persönliche gehen.

00:11:31: Wie wir uns auf diese Veränderungen vorbereiten können.

00:11:35: Ich glaube, Resilienz fängt mit dem Mindset an, dass wir uns nicht mehr in dem Klima unserer Großeltern befinden, sondern dass sich alle anderen Krisen jetzt vor dem Hintergrund eines sich veränderten Klimas vollziehen.

00:11:48: Also einem Klima, wo es mehr extreme Ereignisse gibt, wo die Jahrhundertflut eben nicht mal nur einmal im Jahrhundert, sondern häufiger auftreten wird.

00:11:56: Und dass eben auch jeder seinen Teil dazu beitragen muss, sich anzupassen in gewisser Weise.

00:12:01: Das heißt Vorsorge treffen, beispielsweise bei der Einlagerung von Lebensmitteln und Frischwasser.

00:12:08: Auch wenn es nicht dazu kommt, dass es notwendig wird, das aufzubrauchen, ist es wichtig, einfach Vorrat zu halten, um möglicherweise auch das System entlassen zu können in den ersten Tagen nach einem extremen Ereignis.

00:12:20: Dann geht es darum, auch Verhalten anzupassen.

00:12:22: Da können wir auch viel lernen jetzt aus dem zentraleuropäischen Blick sozusagen offen.

00:12:26: von Südeuropa oder aus Ländern wie Indien, wie kann man sich an Hitze überhaupt anpassen?

00:12:31: Das sind wir oft nicht gewohnt, wir haben auch nicht die entsprechenden Verhaltensweisen adaptiert bis jetzt, um damit umzugehen.

00:12:39: Also zum Beispiel nicht bei extrem heißen Wetter draußen zu arbeiten oder ähnliches.

00:12:44: Und hier gilt es eben, ja an verschiedenen Punkten anzusetzen.

00:12:48: Aber was halt ganz wichtig ist, ist, dass wir Grenzen von Anpassungen haben.

00:12:53: Das heißt, dass wir uns nicht beliebig viel an beliebig schwere Extrem-Ereignisse werden anpassen können.

00:13:01: Das heißt, wir brauchen diese Emissionsminderung und den Klimaschutz.

00:13:05: um diese Anpassungsmaßnahmen im wirksamen Raum zu halten.

00:13:09: Und da müssen wir momentan sehr, sehr viel tun.

00:13:12: Erneuerbare Energien, Umstellung in der Landwirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit, in Transportwesen, eben elektrifizieren, so weit wie möglich.

00:13:22: Und das sind eben die Herausforderungen, vor denen wir ja auch gesellschaftlich gemeinsam stehen momentan.

00:13:28: Wir sind jetzt schon sehr ins Detail gegangen.

00:13:31: Ich würde jetzt noch mal einen kurzen Schritt weggehen und noch mal einen größeren Blick wagen.

00:13:36: Wir hatten ganz zu Beginn darüber geredet, wie die Folgen des Klimawandels sich auf Konflikte auswirken können und diese sogar begünstigen können.

00:13:45: Wie ist es denn andersrum?

00:13:47: Sie hatten es schon angeschnitten, aber vielleicht können wir da noch mal ein bisschen genauer darüber reden, wie bewaffnete Konflikte vielleicht auch den Klimawandel vorantreiben, also andersrum gedacht.

00:13:57: Ja, also natürlich stehen bei bewaffneten Konflikten erst mal die direkten menschlichen Opfer im Vordergrund.

00:14:04: Es ist ja selbstverständlich, dass man das zuerst betrachtet, die Zivilisten, die sterben und so weiter.

00:14:10: Es ist allerdings so, dass eben auch schwerwiegende Umweltveränderungen mit bewaffneten Konflikten einhergehen können.

00:14:17: Das reicht von angezündeten Wäldern bis hin zu verseuchten Böden, durch Munition, bis hin eben zu den Emissionen, die dann auf die globale Kohlenstoffbilanz einzahlen.

00:14:28: Und diese ganzen Verkettungen wirken sich natürlich wiederum auch auf die Gesundheit von Menschen aus.

00:14:36: Also man muss das schon in einem Zusammenhang sehen, dass auch das menschliches Leid erzeugt, also dass es eben nicht nur um einen reinen Umweltschutz hier geht, sondern dass ... wenn landwirtschaftliche Flächen nicht mehr nutzbar sind, wenn Flächen vermient sind, wenn eben Versäuchung stattfindet von Flüssen

00:14:52: etc.,

00:14:53: dass eben das sich auch ganz stark auf die Entwicklungsperspektiven von Regionen auswirken kann.

00:15:00: Oder wenn auch die Umwelt als Methode im Krieg genutzt wird, beispielsweise bei dem Brechen von Dämmen zum Überfluten, wie man es im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch gesehen hat.

00:15:11: Und dann eben auch die Frage, was passiert, wenn immer mehr Emissionen entlassen werden über militärische Aktivitäten.

00:15:19: Bewegung von schwerem Gerät, auch natürlich das Anzünden von Treibstofflagern bis hin zum Zerstören der Nord Stream Pipelines.

00:15:28: Das sind natürlich alles große Emissionen, die dort in die Atmosphäre gepustet werden.

00:15:33: Und das zahlt sich natürlich negativ auf die Klimaschutzbilanz insgesamt ein.

00:15:38: Das heißt, es sind eben auch Umweltverbrechen im Zusammenhang mit militärischen Konflikten zu beobachten, die es natürlich einzudämmen gilt.

00:15:47: Ja, sie hatten das vorhin erwähnt.

00:15:48: fünf Prozent CO2-Emissionen richtig durch Militär.

00:15:52: Ich glaub, Flugverkehr sind so zwei Prozent.

00:15:55: Also, das ist schon sehr interessant und hat man vielleicht gar nicht so oft, ja, auf dem Schirm, sag ich mal.

00:16:01: Jetzt haben wir recht viel darüber geredet, warum es eben Sinn macht, Klimaschutz und Sicherheitspolitik gemeinsam zu denken.

00:16:07: Haben Sie denn das Gefühl, dass das derzeit genug mitgedacht wird oder sehen Sie da auch Herausforderungen oder noch Mängel?

00:16:15: Also ... Ich sehe eigentlich im Sicherheitssektor Akteure, die sich sehr stark damit auseinandersetzen und auch das Thema Klimaschutz als Teil einer integrierten Sicherheitsstrategie sehen.

00:16:25: Also, ich wurde zum Beispiel vom österreichischen Verteidigungsministerium eingeladen, zum Risikobild-2024 einen Artikel beizutragen.

00:16:34: Und daran merkt man eben, okay, der Blick ist schon geweitet.

00:16:37: Also, dass man eben auch auf diese, sagen wir mal, nicht traditionellen Sicherheitsrisiken schaut.

00:16:42: Und schaut, was bedeutet das denn für das Heer zum Beispiel?

00:16:45: Was bedeutet das für unsere strategische Vorausschau?

00:16:48: Und gleichzeitig gibt es natürlich auch wiederum Personen im Sicherheitssektor, die sagen, nein, das ist nicht unsere Aufgabe.

00:16:56: Darum sollen sich andere Ministerien oder andere Akteure kümmern.

00:17:00: Ich denke, es gibt beides.

00:17:02: Ich plädiere dafür, das stärker zusammenzudenken, auch hier die Überlappungen zu nutzen, um auch eine Verteidigungsfähigkeit zu erhöhen.

00:17:11: Je unabhängiger man wird von Dieseltreibstoff, desto günstiger werden.

00:17:17: Einsätze im Militär und desto weniger gefährlich werden sie auch, weil die Treibstoffketten über Tanklaster usw.

00:17:24: natürlich oft auch Angriffsziele sind und hier sehr viele Verluste auch zu verzeichnen sind.

00:17:31: Und das heißt eben, man kann es vielleicht etwas reduzieren, indem man Schritte in Richtung Nachhaltigkeit geht.

00:17:38: Und das tun auch verschiedenste Sicherheitsakteure.

00:17:41: Natürlich darf dies nicht im Gegensatz zu einer Wehrhaftigkeit stehen.

00:17:45: Es muss zusammengedacht werden, genauso wie Sie es gerade gesagt haben.

00:17:49: Sie haben es jetzt auch schon mal ein bisschen anklingen lassen, welche Chancen sich vielleicht daraus auch ergeben.

00:17:53: Ich würde es jetzt auch gern vielleicht ein bisschen weiten.

00:17:55: Wir hatten auch schon besprochen, dass wir eigentlich unser Energiesystem ja auch Schritt für Schritt umstellen müssen.

00:18:00: Das sind natürlich sehr, sehr große Herausforderungen.

00:18:02: Wir haben jetzt sehr viel über die Herausforderungen geredet und was wir noch alles machen müssen.

00:18:06: Aber ich kann mir vorstellen, dass sich da auch Chancen daraus ergeben.

00:18:10: Haben Sie da vielleicht jetzt zum Schluss noch ein bisschen einen positiven Ausblick in die Zukunft?

00:18:14: Welche Chancen sich ergeben?

00:18:16: Und vielleicht können Sie auch so ein bisschen eine eigene Einschätzung geben.

00:18:19: Schon sehr positiv oder negativ in unsere Zukunft.

00:18:23: Also die Chancen liegen eben darin, dass wir uns unabhängiger machen von fossilen Importen.

00:18:27: Da gehen sehr viele Finanzmittel

00:18:29: hin, um diese

00:18:31: fossilen Energien zu importieren.

00:18:32: Also vor allem Öl und Gas.

00:18:35: Und wir importieren in der EU 97 Prozent unseres Erdöls und, glaube ich, 88 Prozent unseres Erdgases.

00:18:43: Und das sind natürlich riesige Mengen, die manchmal eben dann auch aus autokratischen Regimen stammen.

00:18:51: Nicht alle, aber ein Teil davon stabilisiert letztendlich autokratische Regime, indem wir eben von den großen fossilen Brennstoffe Mengen abnehmen und kaufen.

00:19:02: Gleichzeitig haben wir über die Erneuerbaren die Chance, über die heimischen Energien uns wirklich unabhängig zu machen.

00:19:10: Und auch Investitionen, diese Gelder, die dann vielleicht frei werden, wenn man weniger von den fossilen Energien, also von Kohle, Öl und Gas verbraucht, eben im europäischen Inland zu investieren.

00:19:20: Und wir haben heute eben auf der klimaaktiv Konferenz erlebt, wie viele verschiedene Akteure, kleine Betriebe, große Betriebe jetzt ... Wirklich in ihren verschiedenen Prozessen sich überlegen, wo kann ich das Puzzlestück beitragen?

00:19:37: Wo kann ich etwas nachhaltiger werden?

00:19:39: Und ich finde das ein ganz tolles Beispiel, weil diese Überwältigung mit Problemen bringt uns ja nicht weiter.

00:19:46: Nicht jeder kann alles auf einmal umstellen.

00:19:48: Das erwartet auch niemand.

00:19:50: Aber jeder kann ... in seinem Bereich vielleicht einen Schritt weiter gehen.

00:19:54: Und gemeinsam werden wir dann schon einen großen Schritt weitergegangen sein.

00:19:58: Und ich glaube, diese Einstellungsveränderung in den Betrieben, in den einzelnen Personen, die aktiv sind, das ist jetzt das, was zählt.

00:20:06: Und das hat mich heute mal wieder optimistisch gestimmt.

00:20:10: Ja, sehr schön.

00:20:11: Das sind noch tolle positive Worte jetzt gegen Ende.

00:20:13: Das heißt, Sie sehen da auf jeden Fall auch einen Prozess in die richtige Richtung.

00:20:18: Auf jeden Fall, die Herausforderungen sind riesig, aber unsere finanziellen, technologischen und auch zivilisatorischen Möglichkeiten sind ja auch so groß wie nie zuvor.

00:20:32: Und mit diesem Potenzial müssen wir uns gegen diese Herausforderungen stellen.

00:20:38: Ja, vielen Dank.

00:20:40: Dann bleibt mir noch nachzufragen, ob Sie denn unseren altbekannten klimaaktiv-Tipp heute mitgebracht haben.

00:20:46: Haben Sie dann eine Empfehlung für unsere Zuhörerinnen und Zuhörer?

00:20:50: Ja, ich hab ein Buch gedacht, und zwar, das ist erst kürzlich erschienen, das heißt, die Milliarden-Lobby von Susanne Götze und Annika Jöres, wo es eben um diese Verflechtung von Interessen, von fossilen Unternehmen und dem zu geringen Klimaschutz geht.

00:21:08: Ich denke, das ist ein sehr passender Tipp, werde ich mir auch direkt bestellen.

00:21:12: Vielen, vielen Dank.

00:21:13: Ich bedanke mich ganz herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben und für das spannende Gespräch.

00:21:19: Und damit sind wir am Ende unserer Folge angekommen.

00:21:22: In den Show-Notes verlinke ich dir Infos zum Thema.

00:21:26: Ich hoffe, die Folge hat dir gefallen.

00:21:27: Wie immer freuen wir uns über Feedback und eine positive Bewertung in der Podcast-App deines Vertrauens.

00:21:35: Das war der Klimadiallog, ein Podcast von Klimaaktiv, der Klimaschutzinitiative des Bundes.

00:21:40: Wir unterstützen Menschen, Unternehmen und Gemeinden in ganz Österreich, wirksam in Klimaschutz voranzubringen.

00:21:47: Du willst selbst aktiv werden?

00:21:48: Du suchst fundiertes Fachwissen oder praxistaugliche Werkzeuge?

00:21:52: Dann komm auf unsere Website klimaaktiv.at.

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